Einbetonierte Beine sorgen für Aufrichtigkeit

Bert wachte in einem völlig dunklen Raum auf, er hatte stechende Kopfschmerzen und seine Nase pochte. Das Blut, das aus der wohl gebrochenen Nase gelaufen war klebte an seinem Gesicht und schmeckte ziemlich eklig. Aber der Geschmack war im Moment seine kleinste Sorge. Die Kälte des harten Fliessenbodens drang unangenehm durch seine Kleidung. Einfach aufstehen ging nicht, er konnte sich kaum bewegen und die Beine waren schon wirklich widerlich kalt und völlig bewegungslos. So kalt und das obwohl ein dicker Badevorleger über seinen Beinen lag. Was war nur passiert? Es schien doch alles ein Kinderspiel zu sein.

Die alte Villa stand allein in einem grossen alten Garten, ohne Einsicht von der Strasse. Es gab nur einen einzigen Bewohner. Der alte Martin Krüger wohnte hier seit Jahren. Kaum einer in der Gegend kannte ihn näher, er galt als etwas verschroben und eigenbrötlerisch. Aber nun wirklich alles andere als gefährlich, oder als ein ernst zu nehmender Gegner..

Bert hatte vor seinem geplanten Fischzug das Anwesen lange beobachtet, schließlich war er Profi. Er wusste, das der alte Krüger einmal in der Woche sich gross herausputzte und zum Tanz Tee in die Stadt fuhr. Der alte Herr kam schlendernd aus dem Gartentor, seinen altmodischen dünnen Spazierstock mit der silbernen Krücke schwang er einen Tango pfeifend durch die Luft. Er stieg in seine alte Limosine und fuhr gemächlich davon. Bert wartete noch 10 Minuten, dann eilte er durch das Gartentor zur Villa hinauf.

Die Villa hatte keine Alarmanlage und die alten Schlösser waren ja nur eine nette Verzierung, für einen Spezialisten wie ihn. Schon in der Eingangshalle freute er sich über seinen lohnenden Coup, wenn hier schon so wertvolle alte Ölgemälde und Goblains hängen, was wartet dann erst in den Innenräumen?

Routiniert durchstreifte er das kostbar möblierte Haus, erst einmal einen Überblick schaffen, wo fängt er am besten an? Er entschied sich für das Arbeitszimmer, oder ist es eine Bibliothek? Wer hat heute noch eine Bibliothek im Haus, der Alte mußte wirklich ganz schön verschroben sein. Aber immerhin hatte er auch eine schöne Sammlung alter Goldmünzen hier gleich offen herum liegen. Das wurde die erste Beute. Die alten Steinschloss Duellier Pistolen waren bestimmt auch ein Vermögen Wert und schön handlich in dem Mahagoni Kasten einfach zum mit nehmen.

Mit einem Ruck gab die verschlossene Schreibtisch Schublade nach. Nur Papiere, aber halt da lag auch ein grosses Etui mit schwarzem Samt bezogen. Bert blieb förmlich die Luft weg. Ein wahres Feuerwerk, ein Diamanten Kollier! Das übertraf nun wirklich alles, das waren 10 oder 12 Karat, auf jeden Fall ein Vermögen. Damit kann er sich zur Ruhe setzen.

Bert wollte eigentlich jetzt schon zufrieden einpacken und einfach gehen. Aber plötzlich hörte er hinter sich Schritte auf dem dicken Orientteppich. Bert wirbelte herum. Nein, dass darf doch nicht wahr sein, der alte Krüger ist zurück gekommen!

"Was tun sie hier junger Mann? Sie haben sich wohl in der Tür geirrt!"

"Opa halt den Rand, ich muss überlegen"

"Da gibt es nichts zu überlegen, sie verlassen auf der Stelle mein Haus. Und hören sie auf mich Opa zu nennen - Jüngelchen!"

"Wieso bist du nur jetzt schon zurück gekommen Opa, das wäre alles so glatt gegangen?"

ãWarum ich zurück gekommen bin? - Die Schatulle, das sie da halten, das Kollier.. Unterwegs habe ich überlegt, dass ich mich doch schon heute Matilda erkläre..."

"Ach herrje, Opi auf Freiersfüssen. Aber du hast mich gesehen, das tut mir wirklich leid. Es war wirklich nicht geplant, aber das muss jetzt sein."

Dabei angelte Bert seinen Revolver unter der Jacke hervor, für Notfälle wie diesen hatte er ihn immer dabei.

"Jüngelchen, du wirst doch nicht? Du weisst nicht mit wem du es zu tun hast!"

"Aber ja doch Opi, Martin Krüger, der gleich nicht mehr.."

"Falsch Jüngelchen, Martino, Don Martino!!"

Auf einmal sah Bert nur den kleinen Spazierstock aufblitzen, die Silberne Krücke schoß auf ihn zu. Er riss den Kopf noch zur Seite, aber der Knauf landete knirschend genau auf seiner Nase. Tränen schossen ihm in die Augen und ihm nächsten Moment krachte etwas gegen seine Schläfe. Für Bert wurde es dunkel.

Und dunkel war es immer noch. Bert wusste nicht, wie lange er weg getreten war. Vergeblich versuchte er sich Bewegungsfreiheit zu schaffen, aber keine Chance. Er mußte warten bis der Alte wieder kam. Den würde er doch leicht austricksen können und dann würde er mit ihm abrechnen. Aber dieses Mal nicht so schnell und sauber, wie er es vorhin erledigt hätte.

Bert hörte Schritte und kurz darauf öffnete der Alte die Tür und knipste das Licht an. Jetzt wusste Bert wo er war, er lag auf dem Marmorboden eines grossen Badezimmers. Er war verschnürt und verklebt mit Paket Klebebändern wie eine grosse Schmetterlingsraupe, die sich verpuppen will.

"Na Jüngelchen, hast du schon ausgeschlafen?"

"Aber ja doch Alterchen und jetzt würde ich vorschlagen, du machst mich los und wir vergessen das alles ganz einfach. Ich habe viele Freunde, du willst doch nicht dass sie dich besuchen müssen?"

"Ein Kerl wie du hat Freunde? Nun ja, ich habe etwas besseres, eine sehr grosse Familie"

"Ach Opi, glaubst du meine Freunde oder ich haben angst vor deinen alten Verwandten?"

Der alte Krüger setzte sich auf den Rand der riesigen Badewanne, zog den Revolver von Bert hervor und inspizierte ihn interessiert.

"He, Alter mach´ keinen Blödsinn, die Wumme ist kein Spielzeug!"

"Ein 38 iger Magnum, viel zu gross und zu schwer. Nur etwas für Wichtigtuer, die Kugeln werden durch die hohe Masse viel zu langsam. Wirkliche Fachleute benutzen eine Walther oder eine Clock mit Hochgeschwindigkeits Munition. Beiläufig klappte er dabei die Trommel heraus und schaute durch den Lauf.

"Typisch, für eine Figur wie dich, schlecht geölt und miserabel geputzt Wenn ich jetzt abdrücken würde, könnte der Lauf explodieren..."

"Häh, wieso weisst du mit Waffen Bescheid? Also jetzt hört der Spaß auf, du lässt mich jetzt gehen, oder meine Freunde werden dich besuchen."

"Du meinst du wirst deine Freunde bald wieder sehen? Nun ja, vielleicht triffst du wirklich ein paar alte Bekannte draussen hinter der Seehund Düne." Dabei zog er den Badevorleger weg, der bisher über Berts Beinen lag.

Bert schnappte mit aufgerissenen Augen nach Luft. Seine Beine steckten bis zur Wade in einem grossen Pflanzkübel, der mit einer grauen Masse gefüllt war, die seine Beine fest umschloss.

"Was, was soll das, das ist doch ein übler Scherz..?"

"Nein, Don Martino macht keine Scherze."

"Don Martino -- Don, gehörst du etwa zur Mafia?"

"Also das ist ein unschönses Wort, wir sagen lieber ich gehöre zur ehrenwerten Gesellschaft. Aha, es läutet an der Tür, das wird jemand aus der Familie sein."

Bert glaubte sein Herz schlagen zu hören. Das Blut rauschte ihm förmlich in den Ohren. Das darf doch alles nicht wahr sein, ein alter harmloser Herr von vielleicht 70 Jahren ist in Wirklichkeit ein Mafia Pate. Don Martino, den Namen hatte er doch schon öfter gelesen, war das nicht einer der grössten Bosse. Ausgerechnet bei ihm muss er einsteigen und dafür soll er nun sterben, nein das darf nicht sein.

Don Martino kam zu zurück, im respektvollen Abstand folgten ihm zwei Schrank breite Kerle in Lederjacken. Bert sah mit einem Blick, das waren wirklich gnadenlose Profis, denen er auch ungefesselt lieber aus dem Weg gehen würde.

"Also Jungs, das ist dieser kleine Halunke, der mich mit diesem überdimensoniertem Spielzeug erledigen wollte. Ihr wißt ja Bescheid, was zu tun ist, jetzt muss ich mich beeilen, eine schöne Frau ,wie Matilda, sollte man nie lange warten lassen." Dabei ließ er noch mal Bert das Feuerwerk der Brillanten sehen und klappte dann die Schmuckschatulle zu.

"Aber ja doch, Boss das ist nicht unser Erster, das ist Routine.Ò ãJa Don Martino, keine Sorge und viel Erfolg bei der schönen Matilda."

"Danke Jungs, wenn es eine Hochzeit gibt, werde ich euch einladen. Aber jetzt leb` wohl kleiner Ganove."

Bert war nun allein mit diesen Muskel bepackten Schränken. Oh Gott, würden sie ihn jetzt noch foltern, oder würden sie ihn einfach aufs Meer fahren und über Bord werfen?

Einer der Kerle packte Bert und wuchtete ihn hoch, das er gegen die Badewanne gelehnt da saß. Die Burschen machten es sich ihm gegenüber auf zwei Wäschekörben gemütlich. Ohne jede Hektik holten sie ihre Zigaretten heraus und schmauchten genießerisch die ersten Züge.

"Ähhh Jungs, also das muss doch nicht sein..."

"Was bist du Nichtraucher? Ach entschuldige, aber wir dachten das ist das letzte was dich jetzt stört."

"Nein, nein ich meine nicht das rauchen, ihr könnt so viel rauchen wie ihr wollt." (Oh nein, das sind eisenharte Burschen, die auch noch in so einer Situation Witze reissen..)

"Nein ich meine, das mit mir - äh Jungs da könnten wir doch noch mal darüber reden"

"Was gibt es da zu reden? Du bist beim Don eingestiegen, hast ihn mit dem Spielzeig hier bedroht - das ist doch eine klare Sache."

"Jaaaa schon und ich weiss ja Familienehre und so, aber wir können doch ein Geschäft machen, ihr bekommt meine ganze Sore von den letzten Brüchen."

"Na das wird sich ja kaum rentieren, so erfolgreich wie du hier eingewickelt bist."

Bert ließ sich von dem rauhen Lachen der Burschen nicht abbringen, zumindest scheinen sie interessiert.

"Erinnert ihr euch an den Bruch beim Juwelier Gold Petersen vor zwei Monaten? Ja das war ich, die Ringe habe ich alle noch, grad ein schlechter Markt, aber die sind schon was Wert!"

"Gold-Petersen, kann ich mich noch erinnern, es gab keine Hinweise und keine verwertbaren Spuren. Nicht schlecht. Aber die Ketten und die Perlen willst du uns wohl unterschlagen?" Meinte einer der finsteren Typen mit einem schrägen grinsen.

"Nein, nein die Ware ist nur schon weg - das hat der lahme Henry"

"Der Henry in der Kanalgasse?" fragte der andere nach.

"Ja, ja Jungs ich sehe ihr seit auch Profis. Also kommen wir ins Geschäft?"

"Na hör mal ein paar Ringe dafür, damit wir die Familienehre verletzen?"

Wir sind im Geschäft, das kann noch gut ausgehen. Die Jungs sind doch keine bedingungslosen Mafiosi. Er wird zwar seine ganz Beute los, aber er würde leben.

Bert berichtete den beiden, nicht ohne Berufsstolz, von jedem Fischzug der letzten 5 Jahre den er erfolgreich geführt hatte und an wen er die heiße Ware verhökert hatte.

"Also Jungs das war jetzt wirklich alles, jetzt können wir doch das Geschäft abwickeln und wie Freunde gehen - oder?"

"Tja denke ich auch" Dabei zerrte der riesen Kerl den Pflanzkübel von Bert´s Beinen und wuchtete die einbetonierten Beine auf den Boden. Dabei platzte schon die halbe Masse ab. Er wuchtete den Klotz noch mal auf den Boden und alles zerbröselte förmlich. "Das ist nur Gips - Herr Krüger hat nämlich gerade renoviert und jetzt gehen wir."

Dabei zogen die beiden ihn problemlos hoch.

"Also wir holen jetzt die Beute und dann lasst ihr mich laufen wie abgemacht."

"Laufen lassen geht leider nicht, du bist verhaftet. Ach das haben wir wohl ganz vergessen." Dabei zogen die beiden ihre Dienstmarken heraus und hielten sie dem völlig verdutzten Bert unter die Nase.

"Was, was Don Martino arbeitet mit der Polizei zusammen? Das ist ja wohl ein Witz."

"Du liest wohl nie Bücher? Herr Martin Krüger ist Schriftsteller, Don Martino ist seine Romanfigur. Die Gefängnisbücherei hat bestimmt einige Bände. Sehr lehrreich die Geschichte der ehrenwerten Gesellschaft."


Yven Dienst


 





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