Von Schweinen und Menschen
Zu Gott, dem Herrn, sprach jüngst ein Schwein:
„Ich seh' es wirklich nicht mehr ein;
das Privileg, ein Mensch zu sein,
hat nur der Mensch - niemals das Schwein!
Ach Herr! Bekäme ich von deiner Hand
für alle Zeiten mehr Verstand.
Dann könnt' ich endlich menschlich sein;
erst dann wär' ich so richtig 'Schwein'.“
Da entgegnete der Herr mit milder Strenge:
„"Aus des Chaos' Urgemenge
ließ ich die Erde sich erheben,
ich löschte Feuer, schuf das Leben.
Fünf Tage lang hab' ich gerungen,
dann war das Meisterwerk gelungen.
Am Sechsten, aus dem Stamm der Affen,
hab' ich die Krone dann erschaffen.
Ein Menschenkind von meiner Hand.
Doch - welch ein Fehler - mit Verstand,
der falsch genutzt und fehlgerichtet,
meine Schöpfung fast vernichtet.
Und nun möcht' hier auf meiner Erden
auch noch ein Tier zur Bestie werden!
Den gleichen Fehler zweimal machen?
Wär's nicht so traurig, müßt' ich lachen!“
Das Borstenvieh sprach nun ganz leise,
und was es sagte, klang fast weise:
„Herr! Zürne nicht! Ich seh's ja ein:
's ist gar nicht schlecht, kein Mensch zu sein.“
Hans Schletz